Schweizer Demokratie

By , 16/10/2009 22:50

Artikel von

Hans Georg Locher

28. Juli 2000


A. Basis


1. Gewaltentrennung

Legislative Gewalt: beschliesst die Gesetze und Verfassungsänderungen
(im Bund National- und Ständerat, in den Kantonen und grösseren Gemeinden die Parlamente, in kleinen Gemeinden die Gemeindeversammlung)
letzte Instanz: Volksabstimmung

Exekutive Gewalt: Schlägt der Legislativen die Gesetze vor und führt sie nach deren Annahme aus. (Bundesrat, kantonale Regierungen und Gemeinderäte)

Richterliche Gewalt: Die Gerichte sind von der legislativen und exekutiven Gewalt unabhängig
Letzte Instanz: Bundesgericht

2. Subsidiaritätsprinzip

Die politische Organisation der Schweiz verläuft auf 3 Ebenen:
– Gemeinden (ca. 3000)
– Kantone (26)
– Bund

Probleme werden auf der Ebene entschieden, welche sie betreffen (z.B. Gemeindeprobleme werden in der Gemeinde entschieden etc). Sie dürfen nicht höher aufsteigen.

Für die EU würde das bedeuten: Die EU ist eine 4. Ebene. Nur Probleme, die alle Staaten der EU betreffen, werden durch die EU entschieden. Für die schweizer Probleme müsste theoretisch alles gleich bleiben!

3. Milizsystem

Bundesverfassung BV Art. 61. „Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.” „Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten”.
D.h. Kein (hochbezahltes) Berufsheer. Die Milizsoldaten haben im Prinzip persönliche Ausrüstung, Waffen und Munition bei sich zu Hause.
Ausnahme: Ausbildungskader und hohe Offiziere sowie Festungswächter sind fest angestellt..

Das Milizprinzip gilt auch für die Politik, d.h. keine voll bezahlten, fest angestellten Politiker. Politiker haben im Prinzip einen Hauptberuf und sind nebenbei in der Politik tätig (Ausnahmen: Bundesräte, Exekutive in Bund, den Kantonen und grösseren Ortschaften)


4. Initiative und Referendum

Dies sind zwei Instrumente, mit denen in Volksabstimmungen die Beschlüsse der Parlamente beeinflusst werden können.

Initiative: Bürger oder Kantone können Verfassungsänderungen vorschlagen (in einzelnen Kantonen auch Gesetze) BV Art. 136-142.

Referendum: Von den Parlamenten beschlossene Aenderungen der Gesetze und Verfassungsartikel unterstehen dem obligatorischen (BV Art. 140) oder fakultativen (BV Art 141) Referendum. Werden beim fakultativen Referendum genügend Stimmen gesammelt, kommt der betreffende Artikel vor eine Volksabstimmung.

Initiativen und Referenden müssen von Volk und Ständen angenommen werden (Volk: einfache Mehrheit der Stimmenden, Stände: Mehrheit der Kantone). Dadurch werden die kleinen Kantone geschützt.


B. Politische Stabilität

1. Die Legislativmitglieder (Parlamentarier) stimmen ohne Weisungen (z.B. der Parteien oder anderer Organisationen).
2. Die Exekutivmitglieder (Bundesrat, Regierungen der Kantone werden einzeln vom Volk oder Parlament gewählt.
Die Regierungen treten nicht zurück, wenn sie eine Abstimmung verlieren (keine Vertrauensabstimmung)
3. Die Exekutivmitglieder vertreten alle grösseren politischen Parteien (keine Parteienregierungen) und die verschiedenen Kultur- und Sprachregionen.
4. Vernehmlassungsverfahren (BV Art. 147)
Wichtige Vorhaben werden vor der parlamentarischen Diskussion und Abstimmung bei den Kantonen, Parteien und interessierten Kreisen in eine Vernehmlassung geschickt, damit diese Stellung nehmen können.


C. Minderheitenschutz: Begründet in den Grundrechten (BV Art. 7 bis 41)

1. In den Parlamenten

Bund: Zwei-Kammersystem Nationalrat
Ständerat

Nationalrat: Vertreter jedes Kantons nach Einwohnerzahl
Ständerat: pro Kanton 2 Ständeräte (kleine Kantone sind gleichberechtigt)
Halbkantone 1 Ständerat.

Jedes Geschäft geht in den Räten hin und her, bis beide Kammern übereinstimmen.

Kantons- und Gemeindeparlamente:

Die kantonalen und kommunalen Verfassungen enthalten Bestimmungen zum Minderheitsschutz, z.B. Kanton Bern: die französischsprachigen Kantonsteile haben das Recht auf eine bestimmte Anzahl Sitze im Kantonsparlament, und zur Besetzung gewisser Funktionen (z.B. Vizepräsident oder ähnlich).

2. Bei eidgenössischen Abstimmungen

Eine Vorlage ist nur angenommen, wenn sie sowohl vom Volk (d.h. der Mehrheit aller Stimmenden) wie auch von den Ständen (d.h. der Mehrheit der Kantone) angenommen ist (hier sind kleine Kantone gleichberechtigt).

3. Sprachlich: Gleichstellung der vier Landessprachen.

Alle Bundeserlasse und Gesetze sind mindestens dreisprachig. In den Kantonen je nach Sprachminderheiten, (z.B. Kt. Bern dt – frz = 2-sprachig, Kt. ZH nur dt)

Grundsätzlich spricht jeder seine Sprache, insbesondere vor Aemtern und Gerichten (Deutschschweizer und Tessiner Schriftsprache, nicht Dialekt), und versteht mindestens eine der anderen Sprachen.

Das hat z.B. zur Folge, dass an Sitzungen Frage und Antwort in verschiedenen Sprachen erfolgen können und in den Akten verschiedensprachige Dokumente aufeinander folgen.

4. Religionsfreiheit

Art 15 BV Glaubens- und Gewissensfreiheit. Dies betrifft nicht nur die christlichen Konfessionen, sondern auch alle anderen Religionen, z.B. den Islam.



Informationen zusammengestellt von Herr Hans Georg Locher, ohne Gewähr auf ihre Richtikeit und ohne Anspruch auf Vollständikeit.

One Response to “Schweizer Demokratie”

  1. Stefan says:

    Warum dieser Artikel hier ist: es sind die Eckpfeiler unserer heutigen freien Lebensweise. Ohne die obgenannten Prinzipien herrscht Willkür und Zwang! Das Recht des Stärkeren kann nur durch zivilisiertere Zusammenlebensweise ersetzt werden, wenn entsprechend ein Gegengeweicht geschaffen werden kann.
    Jeder der hiervon NICHT profitiert, wird versuchen eines oder mehrere demokratische Prinzipien auszuhebeln. Beispiele gibt es viele! Eine entsprechende Zusammenstellung wäre natürlich angebracht. Vielleicht mache ich das ja mal 😉
    Grüssli
    Stefan

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